Bereits im Dezember 2004 wurde der erste "Baum als wachsender Grabstein" realisiert. Die Aufnahme ist von Mai 2005.
DER BAUM Ein Baum als wachsender Grabstein sollte als bleibender Bezugspunkt möglichst langlebig sein. Um ein höchstmögliches Alter des Baumes zu gewährleisten, kommen einheimische Arten wie Eiche oder Linde am ehesten infrage.
Diese Bäume können ein Höchstalter von 500 bis 1.000 Jahre erreichen. So alt werden jedoch nur die wenigsten Eichen und Linden. Der Regelfall liegt eher bei 250 bis 300 Jahre...
Die Buche bildet leider eine sehr dichte Krone und hat einen hohen Feinwurzelanteil, so dass es unter diesem schönen Baum Gräser und Frühjahrsblüher oftmals sehr schwer haben. Weil diese Baumart so dominant ist, gibt es in Buchenwäldern auch keine Strauchschicht. Zudem ist die Abschottung bei möglichen Astausbrüchen relativ schlecht. Plötzliches Sonnenlicht, welches durch die Lücke der vorher geschlossenen Krone fällt, führt zudem zu Sonnenbrand, da die Rinde sehr dünn ist. Linden sind sehr langlebig, lassen sich im Gegensatz zu Buchen auch gut schneiden (falls notwendig) und ihr Laub zersetzt sich recht schnell. Läuse könnten jedoch den sogenannten Honigtau produzieren und dieser auf die Bronzedeckel tropfen und Spuren hinterlassen, weshalb eher eine Winter-Linde statt einer Sommer-Linde gepflanzt werden sollte. Bleibt die Eiche, welche auch im Winter schön anzusehen ist. Sie ist einfach knorrig! Zudem ist sie als Friedhofsbaum recht selten. Auf Gräber herunter fallende Eicheln sind nämlich wenig beliebt. Hier spielt dies aber keine Rolle. Und da die Eiche sehr vielen Tieren Nahrung bietet, ist diese Baumart auch ökologisch wertvoll. Das einzige Problem könnte der Eichenprozessionsspinner darstellen. Aber zumindest bei der ersten Anlage haben sich bereits größere Ameisen angesiedelt (vermutlich die Rotbraune Sklavenameise), für die auch größere Raupen allenfalls eine willkommene Abwechslung im Speiseplan darstellen. Der Baum des Jahres 2018, die Ess-Kastanie (Castanea sativa) wäre ebenfalls eine Überlegung wert, da auch sie sehr alt werden kann. Zudem sind ihre leckeren Maronen roh oder geröstet zum Verzehr geeignet.
DER GRABSCHMUCK Nur während der kalten Jahreszeit sollte Grabschmuck in Form von Gestecken, Grablichtern und ähnlichem abgelegt werden. Ansonsten ist die Grabanlage nicht mittels Aufsitzmäher befahrbar. Auch hinterlassen insbesondere Blumenschalen, aber auch Kränze, Ton-Engel und anderer Grabschmuck, kahle Stellen im Gras. Der natürliche Grabschmuck, bestehend aus Frühjahrsblühern wie Schneeglöckchen, Krokus, Blaustern oder Winterling hat zudem Probleme im Frühjahr zur Geltung zu kommen. Unter größeren Schalen gehen die Zwiebelpflanzen leider auch ein. Im allerbesten Fall schaffen sie es, am Rande des Gefäßes ans Licht zu kommen. Wer auf Grabschmck nicht verzichten kann, sollte diese Alternative zu Begräbniswäldern nicht wählen. Denn das Konzept des pflegefreien Grabes sollte auch für das Friedhofspersonal gelten. Es ist nicht zumutbar, dass vor jedem Mähgang Grabschmuck entfernt und nach dem Mähen wieder am richtigen Platz aufgestellt wird.
DIE KAMMER Die unten offenen Edelstahlrohre sind 1,50 m lang und nehmen bis zu 4 Urnen auf. Die Kammer kann also als Wahlgrab bzw. Familiengrab vergeben werden. Verlängerungen der Nutzungsdauer sind in diesem Fall üblich. Soll nur eine einzige Urne beigesetzt werden, kann eine Kammer auch als Reihengrab vergeben werden. Eine Verlängerung der Laufzeit ist dann jedoch üblicherweise nicht mehr möglich. Manche Kommunen belegen die 44 Kammern auch komplett mit je vier Urnen, so dass 176 Beisetzungen erfolgen können. In diesem Fall sind die Verstorbenen, die in einer Kammer beigesetzt wurden, nicht unbedingt miteinander verwandt. Die Kammer wird mit einem Bronzedeckel mit Baummotiv ebenerdig verschlossen, dem sie dadurch gleichzeitig als Fundament dient.
Eine wichtige Funktion haben die Kammern darüber hinaus als Wurzelschutz. Diese Herangehensweise wurde beim Entwurf "Der Baum als wachsender Grabstein" erstmalig umgesetzt. Es fand also echte Pionierarbeit in Sachen ganzheitlicher Baumschutz statt. In späteren Jahren werden keine Wurzeln beschädigt, wenn eine Nach- oder Neubelegung erfolgen soll. Die Baumwurzeln können ungestört um die Kammern herum wachsen. Kürzere Kammern sind natürlich günstiger in der Beschaffung. Das wissen vor allem uns nachahmende "Trittbrettfahrer", um ihre Gewinne zu maximieren. Aber sind kürzere Kammern auch für den Baum günstiger? Kürzere Kammern können insbesondere in Stammnähe von großkronigen Baumarten wie Eiche, Linde oder Buche von tief in den Boden reichenden Wurzeln im Laufe der Zeit angehoben werden. Wird dann die aus dem Boden herausragende Kammer oben abgeschnitten oder eher aufgegraben und die störende Wurzel gekappt? Zudem passen in eine kürzere Kammer keine 4 oder gar 5 (Über-)Urnen hinein, so dass die Kammer nicht als Familiengrab vergeben werden kann.
Natürlich sind auch kürze Kammern mit 0,75/0,80 m Länge für maximal 2 Urnen sowie mit 1,20/1,25 m Länge für maximal 3 Urnen möglich, doch sollte in diesen Fällen der Baum eher kleinkronig sein, weil dann auch das Wurzelwerk nicht so kräftig ist, oder die Kammer sich eher im Kronentraufbereich eines großkronigen Baumes befinden, was dann einer Entfernung von 5 bis 10 m zum Stamm entspricht. Auch anstehender Fels kann es erforderlich machen, kürzere Kammern zu wählen.
Ist ein Baum auch noch so mächtig, sind Beschädigungen des empfindlichen Wurzelwerks insbesondere auf Friedhöfen der Hauptgrund für ein vorzeitiges Absterben. Hier hat ein Baum ca. 100 m² Platz nur für sich allein und braucht keinerlei Abgrabungen fürchten. Gleichzeitig hat er die Funktion eines Grabmales.